Dienstag, 28. November 2006

Meine Brille, wo ist meine Brille?

Wozu verbergen, wenn man solche Aufklärer hat?

Die folgende Karte zeigt " welche Länder über wie viele Atomsprengköpfe verfügen – und wie schnell sie ins Ziel gebracht werden können":
Ja, das ist die Originalkarte wie sie sich auf der Webseite findet.
Gut, in der aktuellen Ausgabe der "P.M. Fragen & Antworten" kann man tatsächlich herausfinden, " welche Länder über wie viele Atomsprengköpfe verfügen – und wie schnell sie ins Ziel gebracht werden können", immerhin ist sie dort zwei Seiten groß. Nur auf der Webseite ist das - aber nur ein ganz klein wenig - schwieriger.
Viel Spaß beim Rausfinden!

Literatur
Anonymus: Onlineversion von "Wie viele Atombomben gibt es?"

P.S.: Atomraketen scheinen wasserscheu zu sein, wählt doch grundsätzlich keine der Raketen den (oftmals kürzesten) Weg über den Pazifik, also den Weg mit dem meisten Wasser. Blöde Technik!

Montag, 27. November 2006

sredna nehcerps elaW

Walisch zu sprechen scheint doch schwerer zu sein als es in Findet Nemo aussah.

So untersuchten Forscher jetzt deren Kommunikation und fanden, wie die Überschrift des Artikels "Wale sprechen mit eigener Grammatik" treffend mitteilt, heraus, dass Wale mit einer eigenen Grammatik sprechen.
Das sollte nicht weiter verwundern, denn bisher hat sich noch kein menschlicher Grammatiklehrer zu den Tieren begeben um ihnen etwa Latein einzupauken. Andererseits, bürgen möchten wir für diese Behauptung nicht, genug Bekloppte gibt es ja, dass es schonmal einer ausprobiert haben kann.
Wie auch immer - wesentlich erstaunlicher ist die Beschaffenheit dieser Grammatik. Diese ist nämlich "völlig anders als die der menschlichen Sprache". Nein, sowas, und dabei sind Wale uns doch so ähnlich.
Achja, vermutlich ist Englisch gemeint, denn eine "Grammatik der menschlichen Sprache" wird von der Linguistik zwar schon gut 60 Jahre gesucht, aber gefunden wurde diese unseres Wissens bisher noch nicht.

Was noch mehr erstaunt, ist die Methode, die P.M. beschreibt, zum vollen Genuss einfach mal komplett wiedergegeben:

"Das Computerprogramm wertete dabei aus, wie viele Informationen mit Hilfe der unterschiedlichen Geräusche übermittelt wurden und verglich dies mit der Informationsübertragung bei der menschlichen Kommunikation."

Um's kurz zu machen: Das ist völlig unmöglich.
Denn wie soll man bitte die Informationsdichte einer Sprache nachvollziehen, von der man kein Wort versteht, also nicht weiß, welche Informationen überhaupt übertragen werden? Das ist ja schon bei menschlichen Sprachen oft kaum möglich, bei uns fremden menschlichen Sprachen sowieso, von Sprachen anderer Spezies ganz zu schweigen.

Achja, überrascht es jemanden, dass die Studie (zumindest in der Kurzfassung für die Presse) nur davon spricht, dass Wale Elemente aus den vergangenen vier Stunden wieder erinnern und nach einem regelbeherrschten Muster in ihre aktuelle Melodie einfügen können?
Was die Informationsdichte angeht: Damit meint die Studie nicht etwa die Menge an übertragenen Informationen wie man in der P.M. liest, sondern die Komplexität der Walgesänge, also wie leicht oder schwer sie zu beschreiben sind.

Und bei diesem Abschnitt ist es noch viel schlimmer:

"Die kürzesten Informationseinheiten bestehen aus 6 Elementen, die längsten aus 180 bis 400. Zum Vergleich: In der menschlichen Sprache transportiert schon ein einzelnes Wort etwa zehn unterschiedliche Informationen – so wie Einzahl oder Mehrzahl, positive oder negative Bedeutung oder etwa Zustimmung."

Der erste Satz ist fehlübersetzter Humbug, der zweite ist mit viel gutem Willen korrekt, steht aber in keinerlei Zusammenhang zu dem, was der erste eigentlich aussagen sollte. Denn ob die 6-400 Elemente einer "Informationseinheit" (richtig: eines Abschnitts) eine bestimmte Zahl an Informationen beinhalten, weiß niemand.

Literatur
Anonymus: Wale sprechen mit eigener Grammatik bei P.M. Online
Anonymus: Warblign Whales Speak a Language All Their Own auf der Webseite des Howard Hughes Medical Institute

Sonntag, 26. November 2006

TV-Konsum kontra Intelligenz

Forscher haben mal wieder herausgefunden, dass zu viel Fernsehen dumm macht.
Naja, fast. Eigentlich haben sie nur herausgefunden, dass Kinder mit schlechten Schulleistungen viel fernsehen.

Ob sie aber schlecht sind weil zu viel fernsehen oder viel fernsehen, weil sie in der Schule hinterherhinken klärt diese Studie wie üblich ebensowenig wie die Frage, warum Kinder, die viel fernsehen schlechte Schulleistungen haben.

Interessant wäre auch die Frage gewesen, seit wann das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen e.V. für Entwicklungs- und Medienpsychologie zuständig ist.

Aber es wird noch besser: Es gibt keine Studie bei diesem Institut, sondern lediglich eine Zusammenfassung früherer Studien zuzüglich ein paar oberflächlich bleibender Statistiken. Dabei wirkt die Formulierung oft wenig objektiv, dafür aber stark vorurteilsbelastet. So findet sich etwa vollkommen unbegründet die Behauptung, "zunächst einmal verarmt ihre soziale Existenz. Wer pro Tag in seiner Freizeit mehr als drei oder vier Stunden mit Fernsehen oder Computerspiele verbringt, der versäumt das Leben. [blabla]" (S. 3).
Auch ist es überaus zweifelhaft, Münchner und Dortmunder Kinder mit einander zu vergleichen, denn abgesehen davon, dass die Dortmunder tatsächlich mehr Fernsehen schauen leben sie auch in einer völlig anderen Kultur als die Münchner Kinder.
Nicht, dass das einem Wissenschaftler auffallen müsste.

Immerhin: Der P.M. ist das nicht vorzuwerfen, abgesehen davon, dass sie den falschen Schluss übernommen hat

Literatur
Anonymus: Zuviel Fernsehen verschlechtert Schulleistungen auf der Webseite der P.M.
Klimann; Mößle; Pfeiffer; Rehbein: Medienkonsum, Schulleistungen und Jugendgewalt - Online verfügbar (pdf)

der Standard zu Pseudowissenschaften

Auf der Webseite der österreichischen Zeitung "der Standard" wurde ein "Dossier Pseudowissenschaften" eingerichtet.
Wenn man sich auch mehr Umfang wünschen könnte so sind die vier vorhandenen Artikel doch alle sehr interessant und empfehlenswert, allen voran das Interview mit Michael Hagner.

Literatur
Dossier Pseudowissenschaften beim Standard

Samstag, 25. November 2006

Kurz - aber nichtig

Die wohl passendste Überschrift des Monats hat der Artikel "Kurz - aber heftig" in den News der aktuellen P.M.
Der Artikel sagt aus, "20 Minuten täglich auf dem Trimmrad durchpowern hat den gleichen Effekt wie langes Ausdauertraining". Damit ist der Artikel so kurz, dass es gar nicht möglich ist, ihn nicht vollständig zu zitieren - was hier auch grade geschehen ist.
Vor allem aber fehlt in diesem Telegrammstil alles: Worauf hat es einen Effekt? Wie viel Ausdauertraining ist "langes Ausdauertraining"? Was für ein Ausdauertraining? Über welchen Zeitraum?
Und natürlich ist URL unter dem Artikel wieder nichtssagend, sie führt nur bis zur Startseite der Mc Master University

Leider war der Artikel, auf den sich P.M. bezieht praktisch nicht auffindbar, daher kann hier keine vollständige Version des Artikels zur Verfügung gestellt werden. Sonst würde ich das tun, denn diesen Kurztext mal eben zu vervollständigen wäre kein weiteres Problem.
Auch für die wenigen Minuten, die ein Newsredakteur der P.M. für siene Arbeit übrig haben sollte übrigens nicht. Und der hatte den Originalartikel ja hoffentlich vorliegen.

Literatur
Anonymus: Kurz - aber heftig; in: P.M. - Peter Moosleitners Magazin November 2006; S. 35

Quasi-Literatur
Webseite der McMaster University - vielleicht finden Sie ja was

Medienpräsenz kontra Qualität

Zwar bezieht sich Philip E. Tetlock in seinem Buch Expert Political Judgement nur auf die Vorhersagen politischer Experten, aber interessant ist sein Ergebnis allemal: Je höher die Fernsehpräsenz eines Experten, desto unzuverlässiger sind seine Vorhersagen.

Wie kommt das?
Eine Möglichkeit wäre, dass "Experten" vor allem durch spektakuläre Thesen auf sich aufmerksam machen. Echte Experten vermissend macht dies bei den Medienverantwortlichen Eindruck und bringt Einladungen in die Medien und damit stärkere Medienpräsenz, die sich dann anzuhäufen beginnt - mit jedem Auftritt oder Artikel wird man begehrter.
Das funktioniert, solange man als kompetent gilt - bei den Lesern wohlgemerkt, nicht bei den Wissenschaftlerkollegen.

Dass es das auch bei Wissenschaftlern (also, den richtigen) gibt wissen wir spätestens seit Guido Knopp.
Wie sich das in populärwissenschaftlichen Magazinen auswirkt, darüber sag ich mal nichts.

Literatur
Fischer, Ernst Peter: Ahnungslose Experten; in: Die Welt 13. November 2006 - Online verfügbar
Tetlock, Philip E.: Expert Political Judgement - Amazon-Link

Freitag, 24. November 2006

Gottesformel III

Immerhin, P.M. ist penetrant: Jetzt geht uns die Gottesformel auch noch als Podcast auf die Nerven, darin ein Interview mit dem Autor des Artikes.

Es geht also "nicht um absolute Zahlen" (ab 1:57) ? Ja, warum gibt es dann welche, zudem noch mit einer komplizierten mathematischen Formel, die mächtig Eindruck schindet.
Und wenn Sie, Herr Vašek, Agnostiker sind verstehe ich Ihren Schluss in dem Artikel nicht, es sei "immer vernünftig, mit Gott zu rechnen" - eine agnostische Position ist das nicht, im Gegenteil: Grundannahme der Agnostik ist die Unnachweisbarkeit Gottes.
Ein Agnostiker ist also nicht, wie es im Podcast anklingt, ahnungslos ob der Existenz Gottes sondern vielmehr überzeugt, dass es auf die Frage nach Gott keine menschlich ergründbare Antwort gibt. Und somit ist jeder Versuch eines Beweises auch Quark.

Den wichtigsten Satz aber brachte die einzige Leserin, die im Podcast zu Wort kam bei; sinngemäß etwa: "Wozu der Unfug?".
Sinngemäß.
Meine persönliche Überzeugung: Die P.M. brauchte einen großen Aufmacher, Seitenfüller und der Schreiber ein bisschen Honorar für den Winter.

Literatur
P.M.-Podcast, November 2006 (Stream) Download
Vašek, Thomas: Die Gottesformel; in: P.M. - Peter Moosleitners Magazin Dezember 2006; S. 12 ff, Online verfügbar

...oder annersrum, völlich ejal

Die News enthalten diesen Monat eine interessante Meldung über einen Überdruckhelm, den Bergsteiger tragen können um der durch Sauerstoffmangel und niedrigen Luftdruck verursachte Höhenkrankheit vorzubeugen.
Der Link unter dem Artikel verweist nur auf die Uni Innsbruck, die aber praktischerweise eine Suchfunktion hat, mit welcher man diesen Artikel aus der Krone findet.
Demnach dient das Gerät aber dummerweise nicht der Vorbeugung (das wäre dann so eine Art Taucherhelm für Bergsteiger), sondern der Therapie. Was so ziemlich das Gegenteil ist.
Das hätte man aber auch ergooglen können. Oder vom Namen des Helms ableiten: TAR-Helm: Thin Air Rescue Helm.
Gogle findet übrigens sogar Bilder davon, für alle Neugierigen.

Literatur
Anonymus: Einsatz des TAR (Thin Air Rescue)-Helms in extremen Höhen auf der Webseite des Österreichischen Alpenvereins
Anonymus: Fit am Berg; in: P.M. - Peter Moosleitners Magazin Dezember 2006; S. 28
Anonymus: Innsbrucker Forscher testeten auf 7000er Überdruckhelm in: Krone Zeitung, Wien, 25. August 2006

Gottesformel II

Nochmal zurück zu der Gottesformel von Stephen D. Unwin:

Offenbar handelt es sich bei der "Gottesformel" um eine knatschverkehrte modifizierte Variante des Bayes'schen Theorems und somit nicht um eine "zurecht vergessene Formel", sondern vielmehr eine leider nicht vergessene, dubiose Ableitung.
Ausführlich gibt es das Ganze dankenswerterweise bei Leukrit im Freigeisterhaus.

Eine kleine Anmerkung noch: Ja, in dem Artikel ist so einiges an Murks drin. So spricht gleich der erste Satz zum ersten Indiz von dem Urknall als "einem unvorstellbaren Feuerball", aber da das noch öfters passieren wird verlegen wir das auf später.